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SALON | „Filmabend und Übungen zur gewaltfreien Kommunikation“

Beim Mediativen Mittwoch im April haben wir das Thema Gewaltfreie Kommunikation behandelt. Matt Schütz leitete den angekündigten Filmabend mit einem provokanten Zitat von Marshall Rosenberg, dem Erfinder der Gewaltfreien Kommunikation, ein:
„Als ich diese Arbeit der Gewaltfreien Kommunikation  begonnen habe, wusste ich, ich würde dieser Arbeit nicht  trauen können, wenn sich diese Grundsätze nicht auch auf  Hitler anwenden ließen. Ich dachte, die Methode ist nur etwas wert, wenn ich auch für Hitler Verständnis und Empathie würde aufbringen können. Deshalb habe ich alles über Hitler gelesen was ich finden konnte. Ich wollte verstehen, was in diesem Mann vorging. (…) Die Indoktrination, mit der er aufgewachsen ist und die, mit der ich aufgewachsen bin, liegen übrigens gar nicht so weit voneinander weg. Hitler hat gelernt, dass Juden schlechte Menschen sind, und mir ist eingeimpft worden, dass die meisten Menschen um mich herum keine Juden mögen und deshalb schlechte Menschen sind. Und deshalb waren Nicht-Juden grundsätzlich böse. Mit anderen Worten: Mir wurde eine ähnliche Denkweise vermittelt wie Hitler – der Unterschied lag nur in der Identifikation des Bösen. (…)
 
Aus seiner Sicht hat Hitler überhaupt nichts Schlimmes getan, sondern er hat heldenhaft dafür gesorgt, dass die Welt von „Ungeziefer“ befreit wird. (…) Ich weiß, wie schwer das für die Deutschen ist. Seit ich auch in Deutschland arbeite, bin ich immer wieder mit den massiven Schuldgefühlen der Deutschen konfrontiert worden. In jedem Workshop kommt dieser Schmerz zur Sprache, den so viele Menschen spüren, in deren Familien Nazis waren. Und ich muss mir jedes Mal auf die Zunge beißen, um nicht zu sagen: „Aber warum fühlt ihr euch denn dafür schuldig?! Ihr wart doch nicht mal dabei!“ Aber es reicht, dass ihre Vorfahren dabei waren. Es reicht ihnen oft sogar, dass sie Deutsche sind, um sich schuldig zu fühlen. (…) Wissen Sie, Schuldgefühle führen dazu, dass die Menschen denken, sie seien nicht in Ordnung so wie sie sind – und das hilft niemanden. Aber ich wünschte sie könnten Traurigkeit spüren, Traurigkeit und Trauer über das was sie, bzw. ihre Vorfahren, getan haben.“

(Quelle: Rosenberg: Konflikte lösen durch gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils, S. 64-66)
 
Marshall Rosenberg nennt seine Form der gewaltfreien Sprache   Giraffensprache, da die Giraffe nicht nur von allen Landsäugetieren das größte Herz im Vergleich zum Körpervolumen hat. Sie ist durch ihren langen Hals auch in der Lage einen guten Überblick zu behalten. Das Gegenteil von Giraffensprache ist nach Rosenberg die Wolfsprache. Rosenberg schätzt, dass ca. 80% unserer Sprache gewalttätige Wolfssprache ist und nur zu ca. 20% aus gewaltfreier Giraffensprache besteht.
 
Die Filmsequenz zeigte eines Vortrag von Marshall Rosenberg 2006 in München, in dem er sehr anschaulich und mit viel Humor einen Einblick in die Kunst der Gewaltfreien Sprache gibt.
 
Im Anschluss daran übten wir gemeinsam und in Zweiergruppen anhand typischer Alltagssituationen das Grundprinzip der Gewaltfreien Kommunikation, dass auf folgendem beruht:
 

  • Wenn ich a) beobachte (ich sehe, erlebe, höre etwas, etc.)
  • …dann fühle ich mich b) (traurig, wütend, verletzt, enttäuscht, usw.)
  • …weil ich c) (Anteilnahme, Geborgenheit, Respekt, Anerkennung, usw.) brauche.
  • Deshalb möchte ich jetzt d) (eine ehrliche Entschuldigung, eine Einladung auf einen Kaffee als Ausgleich, einfach nur 10 Min. für mich alleine sein, usw.)

Der Arbeitskreis Mediation bedankt sich an dieser Stelle bei Monja Bedke für das kurze, aber intensive Training!
 
 

Monja Bedke ist Trainerin, Coach, Moderatorin und Mediatorin in Hamburg, arbeitet seit 2000 in den Bereichen Unternehmens-Kultur-Beratung zu Konfliktlösung und Klimaverbesserung in Unternehmen.