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Nachbericht zum SALON 1015

Zu Beginn des Abends galt es den Begriff der Entflechtung zu definieren. Der Begriff Entflechtung bezeichnet Mediationsfälle, in denen die Konfliktparteien die Entscheidung treffen, von dem Ziel der Verbesserung ihrer Kooperation abzurücken, um gemeinsam daran zu arbeiten, weniger oder keinen Kontakt mehr zu haben. Entflechtung kann immer dann möglich werden, wenn den Parteien angesichts des Mediationsaufwands (Zeit, Kosten und emotionale Energie) ein positiver Umgang mit dem Konfliktpartner nicht mehr attraktiv erscheint. Etwa, wenn die zugefügten Wunden im jahrelangen Konflikt nicht mehr geheilt werden können, die Kommunikation zu eingefahren ist oder angesichts der Fülle der Konfliktthemen die Erkenntnis entsteht, dass die Konfliktparteien zu verschieden sind.
 
Entflechtung ist an mehreren Stellen der Struktur eines Mediationsverfahrens möglich, z.B. bereits zum Zeitpunkt der Themensammlung, im Rahmen der Erhellung des Konflikthintergrundes, in der Lösungsphase oder auch noch in der Umsetzungsphase der Mediationsvereinbarung.
 
Es wurde berichtet, dass die Möglichkeit des bewussten Trennens der Konfliktpartner voneinander als Option häufig dem Auftraggeber nicht bewusst sei oder auch von diesem nicht gewünscht werde. Und auch die Mediatoren würden eine Entflechtung als mögliches Ergebnis einer Mediation in der Auftragsklärung oft nicht erfragen. Auch wenn die Mediation eigentlich dem Grundsatz der Ergebnisoffenheit untersteht, scheint sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Mediatorenseite ein „Happy End“ eher als positive Kontaktintensivierung untereinander denn als „Happy Goodbye“ definiert zu werden. Wird die Möglichkeit einer glücklichen Kontaktverringerung als bestmögliches Ergebnis einer Mediation vom Mediator gar nicht gedacht, setzt er sich selbst unter Erfolgsdruck, weil er eine Entflechtung als gescheiterte Mediation ansieht.
 
In der Diskussion mit den Teilnehmern des SALONS wurden als mögliche Interventionen für eine Entflechtung das Angebot von Einzelgesprächen genannt. In diesen äußerten die Beteiligten eher den Wunsch nach einem Auseinandergehen im Guten, als in der gemeinsamen Sitzung. Auch die Aufstellung der Themen über Ist-Soll-Positionierungen, das Story Telling oder die klare Benennung durch den Mediator (Konfrontation) sind sinnvolle Methoden, um die gegensätzlichen Ansichten sichtbar zu machen.
 
Der Abend machte bewusst, dass jeder Mediator für sich selbst die Frage beantworten sollte, ob eine Entflechtung für ihn persönlich eine optimale Lösung sein kann oder er dies lediglich als Notlösung empfindet, da eine innere Ablehnung von Entflechtungslösungen Auswirkungen auf die eigene Arbeitsweise und die Bewertung des Mediationsergebnisses hat.
 
Die Powerpointpräsentation vom SALON finden Sie HIER. Mehr Informationen zum Thema Entflechtung von unseren Referenten Moritz Herzog und Nadschja Hemieda gibt es in der konfliktDynamik 01/2015. Die Artikel können bequem als pdf-Download oder als Printausgabe bestellt werden.
Link zur Homepage der konfliktDynamik.

SALON | „Mediation in politischen Spannungsgebieten – ein Rollenspielexperiment mit Prof. Dr. (i.R.) Alexander Redlich“

Im Juni erwartet uns ein besonderer Abend! Nicht nur eine halbe Stunde länger (bis 21.30 Uhr), sondern auch ausnahmsweise an einem anderen Ort (Universität Hamburg, Von-Melle-Park 5, Raum 3034) und mit bis zu 30 Teilnehmern! Anlass dafür ist das spannende Mediationsexperiment unseres Referenten Prof. Dr. (i.R.) Alexander Redlich: Alle Teilnehmer des Abends werden daran teilhaben, wie ein (aktueller) „politischer“ Konflikt am runden Tisch mit Ihnen als VertreterInnen aus verschiedenen Interessengruppen in ausschnitthaften Rollenspielen bearbeitet wird.
 
Das klingt spannend und wird es bestimmt auch! Für Imbiss und Getränke wird vom Mediativen Mittwoch gesorgt, beides ist für diese Veranstaltung im Eintrittspreis inbegriffen.
 
Wir freuen uns, Sie bei diesem spannenden Experiment im Juni in den Räumen der Universität Hamburg begrüßen zu dürfen!
 
Zum Inhalt: Nach einer Darstellung des politischen Kontextes und Ausgangslage für das Rollenspiel, in dem der Konflikt spielt, wird ein (aktueller) „politischer“ Konflikt am runden Tisch mit VertreterInnen aus verschiedenen Interessengruppen in ausschnitthaften Rollenspielen bearbeitet. Das braucht 2,5 Stunden Zeit und rollenspielbereite Teilenehmende. Es werden gemeinsam Methoden gesammelt und eine ausgewählt und praktisch erprobt. Es wird darum gehen, die Hintergründe (Gefühle, Bedürfnisse, Werte) eines Teilthemas des Konfliktes ansatzweise zu klären, auf den sich die Runde bereits geeinigt hat. Anschließend werden wir gemeinsam die Erfahrungen auswerten und unser methodisches Repertoire nach Möglichkeit erweitern.
 
 

Dr. Alexander Redlich ist Professor (i.R.) für Pädagogische Psychologie (Universität Hamburg), Mitglied des Arbeitskreises Friedensbildung und leitet die Ausbildung „Konfliktberatung und Mediation“ an der Arbeitsstelle für wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Hamburg. Gemeinsam mit Markus Troja und Renate Dendorfer-Ditges ist er Herausgeber der Zeitschrift „Konfliktdynamik“. Betreuer für Forschungsarbeiten, z.B. zur identitätsbasierten Konflikteskalation und ihren Behandlungsmethoden, Moderator, Coach und Trainer für Konfliktmoderation mit Gruppen.