Als erster Gast aus dem Ausland begrüßte der Arbeitskreis Mediation im August die Schweizer Mediatorin Nadia Dörflinger-Khashman. Sie stellte uns an diesem Abend das von ihr entwickelte Modell der transfer-orientierten Mediation vor.
Frau Dörflinger-Khashman erklärte ihren Mediationsansatz am Vergleichsmodell der klassischen Fünf-Phasen mit der Metapher eines Restaurantbesuchs. Während man normalerweise nur mit Freude sein Essen genießt, lernt man beim transfer-orientierten Ansatz bereits während des Essens von welchem Tier das Fleisch stammt, welche Nahrung das Tier bekam, wie es gelebt hat und wie man selbst das Gericht zubereiten kann, damit es so schmeckt wie im Restaurant. Diese Informationen könne man im Anschluss an den Restaurantbesuch nun selbst nutzen, indem man eben dieses Fleisch selbst kaufe und zubereite.
Die transfer-orientierte Mediation arbeitet mit dem bewussten Einsatz von Metaebenen, um das neue Konfliktverhalten bei den Konfliktbeteiligten dauerhaft zu verankern. Voraussetzung dafür ist stets, dass die Beteiligten dies wollen. Der Mediator bietet Erklärungs- und Handlungsmodelle an, die Beteiligten entscheiden, ob sie diese Angebote annehmen. Der Mediator akzeptiert unbedingt die Entscheidung der Beteiligten!
Aus Ihren Erfahrungen mit Medianten wurde Nadia Dörflinger-Khashman deutlich, dass die Bereitstellung eines Deutungsmodells von den Beteiligten häufig dankbar angenommen werde. Die Erklärungsmodelle helfen den Konfliktbeteiligten bei der Abkehr ihrer eigenen Sichtweise als „Kranke“ im Konflikt. Das Lernen neuen Verhaltens sei im pathologischen Zustand nicht möglich, so dass der Mediator gehalten sein sollte, eine entlastende Situation zu schaffen. Durch Anbieten von Deutungswerkzeugen auf der Metaebene wird den Medianten bewusst, dass auch andere Menschen zu derartigem Konfliktverhalten neigen, es demnach völlig normal sei, so zu reagieren. Diese Erkenntnis führt zu einer Entspannung bei den Konfliktbeteiligten, die dann neue Verhaltensweisen zu erlernen möglich werden lässt.
Neben der Einführung einer Metaebene arbeitet Frau Dörflinger-Khashman bewusst mit Hausaufgaben, die sie den Mediationsparteien aufgibt.
Der gesamte Mediationsprozess unterteilt sich bei der transfer-orientierten Mediation in drei Phasen (Check In and Boarding, Expedition and Discovery und Transfer and Integration), in denen den Beteiligten begleitend durch sogenannte „Zwischenräume“ das Lernen auf der Metaebene möglich werde sowie die eigenständige Bearbeitung durch Hausaufgaben das neue Wissen gefestigt werde.
SALON | „Mediation als Schatzkiste – die transfer-orientierte Mediation“
Nadia Dörflinger-Khashman ist Mediatorin (MAS), Supervisorin für Mediation, Fachbuchautorin, Dozentin und Inhaberin der Konfliktkultur GmbH in der Schweiz. Ihr Tätigkeitsgebiet ist die Mediation in und zwischen Organisationen.